Streiten wie die Kesselflicker – woher kommt der Spruch?

Von den sprichwörtlichen Kesselflickern hat wohl jeder schon einmal gehört. Doch was ist eigentlich ein Kesselflicker und worin liegt deren Besonderheit beim Streiten?

Der Berufsstand der Kesselflicker

Es ist noch nicht allzu lange her, da waren Kessel die üblichen Kochutensilien und in jeder Küche mindestens zwei bis drei Stück vorhanden. Große Kessel aus Kupfer oder anderen Metallen dienten zum Erhitzen der Speisen über offenen Feuern. Durch die häufige Nutzung und die Aussetzung hoher Temperaturen konnte es durchaus vorkommen, dass ein solches Gefäß dünne Stellen oder gar Löcher bekam. Die Reparatur der oftmals sehr kunstvoll rund gehauenen Kessel war die besondere Spezialität der Kesselflicker.

Im Laufe der Jahrhunderte bürgerte es sich ein, dass diese Aufgabe von ganz speziellen Volksgruppen übernommen wurde. Häufig wird das Wort „Kesselflicker“ einfach mit dem heute aus moralischen Gründen nicht mehr gebräuchlichen Begriff „Zigeuner“ gleichgesetzt. Menschen, die traditionell als Zigeuner bezeichnet wurden gehörten dabei bei weitem nicht immer zu den Sinti und Roma. Auch Zusammenschlüsse sogenannter „Rumtreiber“ oder „Strolche“ wurden vom Volksmund als Zigeuner bezeichnet.

Wanderarbeiter, Minderheiten und fahrendes Volk

Seit dem Mittelalter waren das Erlernen sowie die Ausübung der meisten anerkannten Handwerksberufe von den Zünften streng geregelt. Konkurrenz, Streitigkeiten und Überangeboten sollte so Einhalt geboten werden. Allerdings wurden die Zunftregeln auch dazu benutzt gewisse Volksgruppen und Einzelpersonen kategorisch von der Ausübung eines Berufes und vom ordentlichen Handwerk auszuschließen. Neben den Juden gehörten die Sinti und Roma zu den vorzugsweise benachteiligten Gruppen. In ganz Europa gab es zudem kleinere Minderheiten und Volksstämme, die aufgrund solcher Diskriminierungen kaum eine andere Chance hatten, als kriminell zu werden oder niedere Reparatur- und Flickarbeiten vorzunehmen.

In Südosteuropa war es insbesondere das Roma-Volk der Kalaidzhi, die mit Kupfer- oder Zinnstücken und Handwerkszeug ausgerüstet über die Lande zogen und Ausbesserungsarbeiten lautstark anpriesen. In Großbritannien verdingte sich das Volk der Pavee, die heute noch als „Tinker“ oder „Gypsy“ bezeichnet werden, als Kesselflicker. Manche Menschen nutzten gerne die preisgünstigen Arbeiten, den Zünften waren die „Pfuscher“ allerdings verhasst und dementsprechend wurden die Leute verfolgt und denunziert.

Das Leben dieser Menschen war alles andere als einfach, Alkoholismus und Kriminalität ein großes Problem. Kein Wunder also, dass „Kesselflicker“ häufig als besonders verachtenswerte, wüste oder vulgäre Leute galten. Der unangepasste Lebensstil und das feurige Temperament der fahrenden Leute taten ihr Übriges dazu und bald entwickelte sich das Wort zu einem abwertenden Schimpfnamen.

„Streiten wie ein Kesselflicker“ bedeutet also auf eine besonders laute, wüste und vulgäre Weise eine Auseinandersetzung auszutragen.

Kesselflicker heute

Tatsächlich gibt es diese Kunst bis heute und mancherorts hat sie sich auf moderne Weise weiter entwickelt. In Irland haben sich die Tinker inzwischen auf das Ausbessern von Auto Karosserien und andere ähnliche Metallarbeiten spezialisiert. In Rumänen, wo in ländlichen Gegenden durchaus noch Kessel in Gebrauch sind, arbeiten Roma wie eh und je als Kesselflicker oder führen andere kleine Handwerksarbeiten aus.

Seit Altmetall ein gefragter Rohstoff ist, haben sich viele der umherziehenden Leute auf das Sammeln von Kupfer, Eisen und anderen Metallen spezialisiert. Einen Kessel flickt man übrigens, indem ein Ersatzteil in einer unglaublich aufwändigen Feinarbeit einfach mit vielen hundert Hammerschlägen in das relativ weiche Kupfer oder Zinn eingeklopft wird. Härtere Metalle wurden und werden teilweise auch mit Ersatzstücken genietet.

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