Russland, das mit Abstand größte Land unseres Planeten beherbergt unzählige Mythen und Geschichten. Seine Größe ist unfassbar und seine Mentalität, sein Charakter und seine Innenwelt mysteriös und schwer zu begreifen.
„Russland ist ein Rätsel, umgeben von einem Mysterium, das in einem Geheimnis steckt.“ So Winston Churchills treffende Analyse in einer Radioansprache 1939.
Zumindest das Rätsel seiner Größe lässt sich mit einem genauen Blick auf die Historie Russlands zum Großteil lüften.
Russlands Fläche historisch betrachtet
In den vergangenen Jahrhunderten waren die Grenzen auf unserem Globus dynamischer, als es heute den Anschein hat. Ländergrenzen veränderten sich stetig. Gebiete entstanden, wurden verschenkt, erobert, annektiert. Dadurch wuchsen Länder, schrumpften, bekriegten sich, oder bildeten Unionen. Ein Prozess, der die Menschheit seit jeher begleitet.
Doch wie gelang es Russland, einen so riesigen Teil unserer Erde auszumachen?
Die geschichtliche Entwicklung Russlands hat viele Wendungen, ist geprägt von einer Vielzahl verschiedener Völker und noch mehr kriegerischen Auseinandersetzungen.
Die ersten slawischen Völker besiedelten vor dem 8. Jahrhundert das Gebiet des heutigen europäischen Teils von Russland, Belarus und der Ukraine, damals Rus genannt.
Sie lebten jedoch nicht alleine dort, sondern waren umgeben von Finno-Ungaren, Balten und verschiedenen Indogermanischen Völkern.
Nach der Vermischung dieses slawischen Volkes mit skandinavischen Wikingervölkern im 8. Jahrhundert wurden die ersten Weichen für einen slawischen Staat gelegt. Mit Kiew und Nowgorod als wichtigste Städte, entstand das Volk der „Kiewer Rus„, beziehungsweise „Altrussland“.
Es folgte eine Invasion der Mongolen und ein düsteres Zeitalter in der Geschichte Russlands.
Erst Iwan der Große befreite die Rus aus der Herrschaft des mongolischen Großreichs und begann die Expansion des russischen Reiches. In dieser Zeit wurde das Staatswesen revolutioniert und erste Eroberungszüge in Richtung Asien getätigt.
Das Reich der Tataren und Sibirien wurden erobert, im 17. Jahrhundert erschlossen dann die ersten russischen Kosaken die Pazifikküste.
Im folgenden Jahrhundert entstanden unter anderem die Städte St. Petersburg und Moskau, welche sich als Hauptstadt abwechselten. Peter der Große und Katharina die Große betrieben weitere Expansionspolitik, so unter anderem im nordischen Krieg gegen Schweden und im asiatischen Raum.
Russland wurde zur nordischen Großmacht und bekam nach der Befreiung Moskaus und dem Sieg über Napoleon einen großen Stellenwert als Supermacht im europäischen Raum.
Nach verschiedenen, auch verlorenen, Kriegen und einer großen Spaltung in Russland, kam es letztlich nach dem ersten Weltkrieg zur Revolution und zu Bürgerkriegen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Land seine bis heute zweitgrößte Fläche.
Es folgten jedoch verschiedene Auseinandersetzungen im Baltikum, wodurch die baltischen Staaten ihre Unabhängigkeit bekamen. Aus Sowjetrussland entstand die Sowjetunion und Stalin kam nach Lenins Tod an die Macht.
Es folgte der zweite Weltkrieg und eine Neuzeichnung vieler Grenzen auf unserer Welt. Die Sowjetunion erweiterte ihr Gebiet bzw. ihr Einflussgebiet bekanntermaßen bis in die DDR.
Die UdSSR zerfiel erst 1992, das heutige Russland übernahm als größte Sowjetrepublik daraufhin die völkerrechtlichen Rechte und Pflichten dieser Union.
Im Jahr 2014 annektierte Russland die Krim, seit dem gibt es vor allem im Osten der Ukraine militärische Auseinandersetzungen, welche durch den Einmarsch russischer Kräfte in die Ukraine im Frühjahr 2022 ihren bisherigen Höhepunkt fanden.
Zahlen, Daten und Fakten
- 21,8 Millionen Quadratkilometer. Zu Zeiten des russischen Kaiserreiches, Ende des 19. Jahrhunderts war das die Fläche des gesamten Reiches, welche seither fast unerreicht blieb.
- Nur die Sowjetunion, welche ein Zusammenschluss verschiedener Länder war, übertrumpft diese Größe noch.
22,4 Millionen Quadratkilometer umfasste die UdSSR. - Seit deren Zerfall beträgt die Gesamtfläche Russlands, des größten Landes der ehemaligen Sowjetunion, etwa 17 Millionen Quadratkilometer.
- Russland ist heute etwa 47- mal so groß wie Deutschland. Dabei leben dort heute weniger als 145 Millionen Menschen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es circa 83 Millionen.
- In Japan, das 45- mal kleiner ist als Russland, leben mit 125 Millionen Menschen, trotz des gewaltigen Flächenunterschieds fast genau so viele Menschen.
- Russlands Bevölkerungsdichte ist mit 8 Einwohnern pro Quadratkilometer sehr gering.
- Ein Grund hierfür ist, dass der Norden und Nord-Osten nur schwer zu bewohnen ist.
- Drei Viertel der Bevölkerung leben auf dem europäischen Teil Russlands.
Die stetigen Expansionsbemühungen des Landes lassen sich dadurch erklären, dass Russland häufig Angriffsziel verschiedener Völker und Staaten war. Seine Grenzen sind die längsten der Welt und kaum durch natürliche Begebenheiten geschützt. Die Wege standen Feinden also meistens offen. Seit Jahrhunderten bemühte man sich deshalb darum, das Reich so auszuweiten, dass Gebirge, Flüsse, Seen und andere Besonderheiten die natürliche Grenze des Reiches unterstützten.
Russland, ein Vielvölkerstaat
Was vielen nicht bekannt ist: Kaum ein Land besteht aus mehr unterschiedlichen Völkern als Russland. Weit über 100 Völker leben in diesem riesigen Gebiet, viele davon sind uralte indogene Völker. Zwar sind die Russen mit etwa 79% die größte Gruppe, doch es gibt unzählige Minderheiten, wie Tataren, Ukrainer, Armenier, Tschuwaschen, Baschkiren, Deutschen und viele Minderheiten jüdischen Glaubens. Selbst buddhistische Minderheiten leben in russischem Gebiet.
Nichtrussische Minderheiten sprechen häufig Turksprachen, kaukasische Sprachen, oder uralische Sprachen.
Viele dieser Minderheiten leben in weitergehend autonomen Republiken. So etwa Nordossetien, Tschetschenien, Tatarstan, Altai oder Jakutien.